Mein Reisebild am Freitag 21.08.2015

Renate ist vom Reisefieber befallen. In ihrem Reiseblog Raus ins Leben – Nutze deine Zeit und reise schreibt sie über Kurz- und Erlebnisreisen.

 

Jaisalmer – eine denkwürdige Begegnung

Jaisalmer, dieser magische Ort liegt im Nordwesten von Rajasthan inmitten der staubigen Wüste Thar. Die Grenze zu Pakistan ist nicht mehr weit. Der Wüstenort ist auch als „Golden city“ bekannt, weil seine Gebäude aus gelbem Sandstein errichtet sind. Eine fast märchenhafte Gegend mit einem Maharadscha-Palast, reich verzierten Havelis, den Häusern der Händler und Kamelen.

Einst war Jaisalmer ein Fürstentum vom Rajputenherrscher Maharawal Jaisal Singh im Jahre 1156 gegründet. Die Rajputen sind ein stolzes Kriegervolk. Der Name bedeutet übersetzt „Königssöhne“. Ihre Clans teilten das Land früher in einzelne Fürstentümer auf.

Ein Höhepunkt für Besucher von Jaisalmer ist der Sonnenuntergang über der Stadt mit Blick auf den Maharadscha-Palast. Dazu begeben sich die Gruppen mit dem Bus und einen kleinen Weg zu Fuß auf einen gegenüberliegenden Hügel. Diese regelmäßige Anhäufung von Firangis (Fremden) ist den Bewohnern der Stadt nicht entgangen und so bieten sie des Abends ihre Souvenirs zum Kauf an.

Wir wurden von einigen Damen im traditionellen Gewand der Wüste und einigen spielenden Kindern herzlich begrüßt. Die Frauen dieser Gegend tragen alten Silberschmuck als Nasenringe, Ketten oder Haarschmuck. Der Schmuck gehört zur Ausstattung einer Braut und ist zugleich ihr Besitz, wenn sie in Not gerät.

In unserer Reisegruppe waren rund 30 Damen und ca. 4 Herren. Was liegt da näher, als hübsche silberne Fußkettchen und anderen versilberten Schmuck anzubieten! Wie das auf Reisen so ist, erhältst du fast überall Angebote zum Kauf von Souvenirs und manchmal möchtest du nur die Gegend anschauen.

Nun war ich zu der Zeit aber in einer Tanzgruppe, die gerade mit einer Choreografie für einen Bollywoodtanz begonnen hatte. Die junge Händlerin und ich kamen ins Gespräch. Wir plauderten über den Schmuck und die Kinder, sie im perfekten Englisch. Nach ein bisschen Handeln kaufte ich ihr eine Reihe hübscher Fußkettchen für einen lächerlichen Preis ab. Im Nachhinein hätte ich mehr kaufen sollen!

Eine unserer Mitreisenden verteilte Plätzchen an die schreienden Kinder. Sie zeigte mir ihre kleine Tochter und den Sohn. Als ich sie fragte, warum das Kleine so herzzerreißend weint, entgegnete sie ruhig, es habe heute noch nichts gegessen. Ich war etwas baff. Willkommen in Indien, wo Schönheit und Elend so nahe beieinanderliegen. Noch immer lebt die Hälfte der indischen Gesellschaft unter dem Existenzminimum. Viele essen nur einmal am Tag.

Sie hat keineswegs versucht, diesen Satz als Verkaufsgrund zu nutzen. Ich hatte bereits gekauft. Dann stellte sie mir ihren Mann vor. Er handelt mit CDs mit indischer Musik und kleinen Musikinstrumenten. Jeder, was er kann. Dieses Geschäft ging eindeutig schlechter! Er spielte uns ein klagendes Wüstenlied vor.

 

Dann habe ich meine neuen Freunde um ein Foto gebeten und dieses nette Bild gemacht.

Das Wichtigste jedoch habe ich vergessen!

Ich habe sie nicht nach ihrem Namen gefragt. Warum eigentlich nicht?

Vor Kurzem habe ich in einen Blogpost gelesen, dass es bedeutend höflicher wäre, sich nach dem Namen zu erkundigen und diesen zu notieren. In Europa würden wir das sicher tun!

Warum tun wir das nicht in Asien oder Afrika?

Dann müsste ich jetzt nicht junges Paar aus Rajasthan unter das Bild schreiben oder womöglich einen imaginären Namen erfinden. Ich bekenne mich schuldig und gelobe Besserung! In Zukunft werden ein Blöckchen und eine Visitenkarte eingesteckt.

Am nächsten Tag auf dem Weg zur Palastbesichtigung begegneten wir uns wieder. Sie saß mit ihrer Ware auf der Straße und begrüßte mich freudestrahlend. Mir blieb nur wenig Zeit für ein kurzes Gespräch. Unsere Begegnung aber hat mich nachdenklich gemacht.

Wie viel Respekt zollen wir den Menschen vor Ort, die mehr sein sollten als ein exotisches Fotomotiv?

Beim Betrachten des Fotos werde ich immer an unsere Begegnung denken. Schade, dass ich ihnen das Bild nicht mehr zeigen kann oder wir uns näher kennenlernen konnten.

 

Vielen Dank Renate für diese tolle Geschichte, die nachdenklich macht!

 

Fragst Du nach ob Du Fremde fotografieren darfst?

Fragst Du nach dem Namen?

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3 Comments

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  1. says: Renate

    Liebe Kinga,

    vielen Dank für die netten Worte. Diese Gedanken kommen häufig erst, wenn die Situation vorbei ist. Wir fotografieren so viele Menschen in aller Welt vielleicht ungefragt, weil wir auf Durchreise sind bzw. auf der Suche nach einem exotischen Fotomotiv. Ich versuche zumindest immer mit Blicken und Zeichen zu fragen. Selten gibt es Ablehnung. Dann lasse ich das Foto sein und respektiere es. Bei längeren Gesprächen, wie es hier war, würde ich in Zukunft die Namen erfragen.

    Liebe Grüße
    Renate

  2. says: Kinga

    Liebe Steffi (/ Liebe Reante),

    Ich fand diesen kurzen Artikel wirklich sehr interessant und muss sagen: Ja, wenn ich den Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg begegne, dann frage ich diese nach Ihrem Namen (vor allem, wenn ich sie fotografieren würde). Ich denke jedoch, es ist verständlich, dass manche Situationen einen so ergreifen, dass man es schlicht und ergreifend nicht sofort als wichtig erachtet, nochmals nach dem Namen zu fragen. Das Bild ist wirklich sehr schön, die Geschichte auch ein wenig ergreifend und die Frage, welche sich dahinter verbirgt, stimmt einen nachdenklich.

    Vielen Dank dafür und weiterhin viel Erfolg euch beiden!

    Ganz liebe Grüße
    Kinga

    1. says: Steffi

      Hallo Kinga,
      danke für Deinen schönen Kommentar!
      Stimmt, in manchen Situationen ist man so von der Situation eingenommen, das man manche Dinge einfach in dem Moment vergisst.
      Liebe Grüße
      Steffi